Am Ufer von Belize City steht ein grosser Hotelklotz. Es ist ein Casino/Messezentrum/Hotel mit Restaurantds, Shops, Belize’s einzigem Kino und einer Bowlingbahn. In ganz Belize ist es nur als ‘Das Princess’ bekannt. Die Hotelzimmer sollen sehr beliebt sein waehrend Hurrikans uebers Land ziehen – aus eher unerklaerlichen Gruenden scheinen Leute ernsthaft direkt am Wasser sein zu wollen, wenn der Sturm auf Land trifft.
Es ist schon dunkel als unser Mr Morgan uns am Eingang absetzt. Es fuelt sich Casino-maessig an durch die grosse Eingangstuer, die irgendwie an eine riesige Bruecke erinnert, zu kommen, komplett ausgeleuchtet mit Neon-Lichtern und fast alle Buchstaben hell strahlend (P R I N C E S S erleuchtete nur als P R E S S).
Wir gehen durch den Metalldetekor und ich leere meine Taschen. Ich gehe durch den Metalldetektor ohne ein Beep und als ich mich rumdrehe schauen mich 4 Sicherheitsbeamte unglaeubig an. Es dauert einige Sekunden bis ich realiziere dass eine Gruppe anderer Leute einfach durch den wild beependen Metallbogen laufen und ich stelle fest: der sture Deutsche muss wohl der erste seit langer Zeit gewesen sein, der verstanden hat, wofuer so ein Metalldetektor gut ist.
Wir kaufen unsere Kinokarten (15BZD oder 7,50USD das Stueck) und gehen durch die Hintertuer ins Calypso. Das Calypso ist eine Art grosse Holzturnhalle mit lustigen Schildern an der Wand und anderer Dekoration, die einen wundern laesst ab wann sich Elektrizitaet in Wahllosigkeit verwandelt. Wir bestellen unseren ueblichen Wasser und Bier Getraenke und vertiefen uns in die Karte. Die Preise sind ok, Kerstin bestellt Barrier Reef Fish Fillet (22 BZD/11USD) und ich nehme die Baby Back Ribs (20BZD/10 USD).
Die erste Seite der Karte ist ein halbherziger Versuch den Namen ‘Calypso’ zu erklaeren. Ein scheinbar endloser Absatz ueber Calypsos Teil in der Odysseus Geschichte versucht die Geschichte von verschiedenen Seiten vewirrend zu erklaeren.
Man muss ihnen zugestehen, es klang schon sehr nach 8te Klasse Geschichtsunterricht: “X wurde angeklagt von Y mit Z ein Kind zu haben, obwohl A gesagt hat, dass sie keine Kinder haben und B gesagt hat, dass sie zwei Kinder haben, die C und D heissen, deren Mutter wiederum Goettin E war und der Vater unbekannt oder ein Pups von Halbgott F oder ein Mensch namens G, der als Esel H verkleidet das Land fluchtartig verlassen hat.”
Die Einleitung der Karte endet jedenfalls mit dem Satz “Das alles hat nichts mit Belize zu tun, aber es ist eine coole Geschichte und der Name Calypso klingt cool fuer ein Fischrestaurant.”
Es ist nicht die erste Karten Einleitung, die ich gelesen habe, die versucht lustig zu sein.
Meine Theorie ist, dass ein Berater hier vor langer Zeit mal vorbeigekommen ist und den Restaurants erklaert hat, dass lustige Karten-Einleitungen DER Hit sind. Der Berater war offensichtlich nicht lange genug da um die Sache auch umzusetzen.
Unser Essen war schnell da. Kerstin’s Fisch war sehr knusprig und lecker, leider auch sehr trocken. Man hat doch eher selten ein Fischfilet, bei dem man mit der Gabel reinsticht und es ganz bleibt und nicht auseinander faellt. Meine Ribs waren lecker und hatten auch eine gute Konsistenz. Das Einzige, was ich komisch fand, war, dass sie bis auch ein 1cm grosses Stueck knochenlos waren *?*. Ich gehe davon aus, dass es ein grosser McRib war – nur, dass es in Belize keinen McDonald’s gibt und es viel besser schmeckt.
Wenn man die Preise bedenkt, war unser Essen absolut ok und der Service war auch gut.
Zehn vor neun sind wir rueber ins Kino gelaufen. Kurzer Stop an der Snack Bar, wo es kein Bier gab. Also weiter zur Bar. Da gabs dann welches. Um Punkt 21 Uhr betreten wir das Kino. Ich halte den Atem an – ich weiss nicht was wir zu erwarten haben und rechne mit dem Schlimmsten. Und ich war positiv ueberrascht, dass es doch in gutem Zustand war. Grosse Leinwand, gute Sitze und ziemlich sauber.
Ich atme aus. Dann atme ich wieder ein und muss mich fast uebergeben.
Was ein Gestank! Oh mann.. der Geruch! Stell Dir vor Du bist in einer Umkleidekabine mit all dem alten Schweiss. Denk an einen alten, verrosteten Umkleideschrank in der Umkleidekabine. Denk an ein paar Tennissocken, dass von jedem Mitglied einer Fussballmannschaft schonmal getragen wurde, das weitergegeben wurde von einem Paar Schweissfuesse zum naechsten wie eine kranke Teambuilding-Massnahme. Nun stell Dir vor, jemand hat richtig alten Kaese in diese Socken gepackt und sie in die hinterste Ecke des Umkleideschranks gepackt. Und Du bist gerade auf Knien auf dem Fussboden der Umkleidekabine an einem warmen Sommernachmittag. Und nun, atme TIEF ein.
Um fair zu bleiben: Es macht Sinn. Immer wenn die Belizaner oben sich in Sicherheit begeben vor Ueberflutungen, passiert genau das im unteren Teil des Gebaeudes: Es flutet. Und dann schimmelt es. Teppiche und Sitze waren alle in gutem Zustand – aber dadrunter muss eine Masse an Schimmel schlummern, die gross genug ist um irgendwann einfach das ganze Hotel hochzuheben und damit wegzulaufen.
Wir haben uns hingesetzt, Kerstin nimmt ihre Hand vor die Nase um sich vor dem Geruch zu schuetzen, waehrend ich meine in die Bierflasche stecke und sie mit dem guten Potburri Geruch a la Belikin Beer besaenftige.
Der Film faengt an.
An diesem Tag, 21. Oktober, ist die Premiere des Films in Belize, genau wie in Amerika. Was ziemlich beeindruckend ist, denn das heisst eigentlich, dass sie den Film direkt aus den Studios geklaut haben muessen. Denn das ist Belize. Hier werden alle Filme geklaut. Ich habe letztens gelesen, dass selbst normales TV hier (90 Kanaele US Kabelfernsehen von ESPN ueber HBO bis diverse Mexikanische Kanaele) ganz einfach geklaut (pirated) wird. Man kauft hier geklaute Filme/DVDs in speziellen Laeden, Tankstellen, Supermaerkten. Ich glaube ich habe noch keine normale DVD gesehen, die keine Raubkopie war, seit wir hier sind. Versteht mich nicht falsch – ich sage nicht, dass das Princess Filme klaut. Ich sage nur, dass es unbelizeanisch waere, wenn sie es nicht taeten.
Der Film hatte gute Qualitaet. Und ich war froh, dass wir ihn nur in 2D und nicht in 3D gesehen haben – waere ziemlich bloed gewesen, wenn jemand den 3D Film geklaut haette ohne die passenden Brillen. Der Film selbst war gut. Wir hatten viel Spass. Und es hatte etwas enthuellendes.
Ich kriege so gut wie nie Heimweh. Wenn ich Heimweh habe, vermisse ich Kerstin und nicht einen Ort. Ich hatte schon lange kein grosses Heimweh mehr nach Deutschland. Sicherlich unsere Familie und Freunde – aber nicht den Ort.
Nach wenigen Minuten im Film, tritt Till Schweiger auf – und es fuelt sich an als wuerde mir jemand eine Currywurst in die Hand druecken. Ein Stueck Heimat. Es fuehlt sich gut an – sogar besser als ‘Wind of Change'(Scorpions) singen in der Karaokebar letzte Woche. Das einzige was noch schoener war, als Till Schweigers Character vom Film entfernt wurde. Ich meine – es ist halt Till Schweiger…
Wir haben den Film sehr genossen. Danach gingen wir direkt vor die Tuer an die frische Luft, vorbei an dem Casino Teil, der uns beide nicht sonderlich interessiert (und wir haben es ausprobiert! 11 USD Gewinn in Reno fuer 25 Cent Einsatz und dennoch…). Wir gehen durch den beependen Metalldetektor in die frische Nacht von Belize City und fragen uns: Ob die anderen beiden Kinosaaele wohl besser riechen? Vielleicht merken wir es ja nach einiger Zeit nicht mehr?
Ich habe das Gefuehl, wir gehen nochmal hin.
Das war doch wieder mal eine richtig tolle Erzählung. Ihr müsst später unbedingt ein Buch daraus machen. Ich amüsiere mich jedenfalls immer köstlich. Dazu noch die wunderschönen Fotos. Ich bin wieder restlos begeistert.